Sachstand Werserenaturierung
Aufgrund der aktuellen Berichterstattungen in lokaler Presse und poli-tischen Fachausschüssen und dem aktuell extrem hohen öffentlichen Interesse an dem Thema der möglichen Renaturierung der Werse im Innenstadtbereich der Stadt Drensteinfurt, nimmt die Verwaltung der Stadt Drensteinfurt noch einmal ausführlich Stellung zu dem mögli-chen Projekt:
Zum Schutz und zur Verbesserung der Gewässer hat die EU im Jahr 2000 die sog. Wasserrahmenrichtlinie (kurz WRRL) erlassen. In Arti-kel 4 wird für erheblich veränderte Gewässer wie der Werse unter anderem das Ziel des guten ökologischen Potentials definiert. Die WRRL ist inzwischen schon seit vielen Jahren vollständig in nationales Recht überführt, wodurch sich die heutigen Bewirtschaftungsziele und Grundsätze aus dem Wasserhaushaltsgesetz des Bundes und dem Landeswassergesetz NRW ergeben.
Auch hier wird von einem guten ökologischen Potential und natürli-chen und schadlosen Abflussverhältnissen gesprochen. § 34 Wasser-haushaltsgesetz regelt das Erfordernis der Durchgängigkeit vorhan-dener Stauanlagen.
Der heutige Ausbauzustand der Wehranlage erfüllt die gesetzliche Vorgaben so nicht.
Das Land NRW hat die gesetzlichen Anforderungen an Fließgewässer in die Richtlinie für die Entwicklung naturnaher Fließgewässer in Nord-rhein-Westfalen (die sog. Blaue Richtlinie) überführt, die Planern und der öffentlichen Hand gleichzeitig als Handlungsleitfaden zur Errei-chung der gesetzlichen Bestimmungen dient.
Auf Basis dieser Richtlinie sind in NRW in den vergangenen Jahren zahllose Renaturierungsmaßnahmen, auch in Innenstadtlage, umge-setzt worden.
Die Werse ist ein ca. 67 km langes Fließgewässer, dessen Ursprung östlich von Beckum liegt und das in Münster-Gelmer in die Ems mün-det.
Auf diesen 67 km existierten bis vor wenigen Jahren insgesamt 14 Querbauwerke (Staustufen), von denen heute bereits sieben vollstän-dig beseitigt werden konnten.
Aufgrund der hohen Kosten, die regelmäßig durch den Umbau und die Renaturierung von Gewässern entstehen, wurden Fördermecha-nismen von Bund und Land installiert, die die finanzielle Belastung der Gewässerverantwortlichen reduzieren und insgesamt die von der EU initiierten Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässer überhaupt möglich zu machen. Die Förderquote liegt bei bis zu 80 %.
In Drensteinfurt obliegt die Gewässerunterhaltung seit den 1960er Jahren den Wasser- und Bodenverbänden. Die Wasser- und Boden-verbände stellen Körperschaften des öffentlichen Rechts dar. Die Unterhaltungspflicht für Gewässern obliegt grundsätzlich zunächst der öffentlichen Hand, sodass die Aufgabe, für den Fall, dass es irgend-wann keinen zuständigen Wasser- und Bodenverband mehr gäbe, an die Kommunen zurückfallen würde.
Die Werse wird durch den Wasser- und Bodenverband Werse-Drensteinfurt betreut. Überlegungen zum Umgang mit dem Wehr und der Erfüllung der oben beschriebenen gesetzlichen Bestimmungen sind also zunächst Aufgabe des Wasser- und Bodenverbandes, der aktuell auch Träger der Planungsmaßnahme ist.
Der heutige status quo der Werse in der Innenstadt Drensteinfurt mit den beiden Stauanlagen (Klappenwehr und Mühlenwehr), dem Altarm als Umgehungsgerinne und der heutigen Fischtreppe wird ohne ein-gehende Prüfung nach Alternativen dauerhaft nicht den gesetzlichen Anforderungen genügen.
Und wenngleich sich erheblich veränderte Gewässer im Innenstadtbe-reich zunächst aufgrund ihrer Funktion der naturnahen Entwicklung im engeren Sinne entziehen, so unterliegen sie doch der gesetzlichen Anforderung der Erreichung des größtmöglichen ökologischen Poten-tials.
Die öffentliche Hand, in diesem Fall der Wasser- und Bodenverband, wird sich zumindest planerisch mit Alternativen zum bestehenden Wehr befassen müssen. Aktuell werden daher eine ganze Reihe an möglichen Umbauszenarien (von Fischtreppe bis vollständigem Ver-zicht einer Staustufe) in einer Reihe von Machbarkeitsstudien be-trachtet. Welche dieser (aktuell) elf betrachteten Varianten am Ende tatsächlich umsetzbar und somit genehmigungsfähig im Rahmen ei-nes wasserrechtlichen Antrags mit anschließendem Planfeststel-lungsverfahren über den Kreis Warendorf als Untere Wasserbehörde wird, ist zum jetzigen Planungsstand jedoch noch überhaupt nicht ab-sehbar.
Dass es ganz ohne Planung und Variantenbetrachtung nicht geht, geht aber auch aus der Blauen Richtlinie des Landes NRW hervor, in der es unter anderem heißt: „Aufgrund der weitreichenden Wirkungen ist grundsätzlich der Rückbau von Querbauwerken anzustreben. Soll-te der Rückbau nicht möglich sein, z.B. wegen bestehender Nutzun-gen, ist der gewässertyporientierte Umbau des Querbauwerks, wenn möglich mit einer Absenkung des Stauziels, anzustreben. Ist auch ein gewässertyporientierter Umbau des Querbauwerks nicht möglich, muss das Wehr durch den Bau von Aufstiegsanlagen vollständig durchgängig gemacht werden.“
In städtischen Bereichen, so auch in Drensteinfurt, dienen Querbau-werke vor allem dem Hochwasserschutz und dem Kulturstau. Mit dem Neubau des heutigen Klappenwehrs ab dem Jahr 1970 wurde der Hochwasserschutz für die Innenstadt Drensteinfurt beispielweise ganz erheblich verbessert. Dennoch gilt auch hier der Grundsatz der naturnahen Gewässergestaltung und die Längsdurchgängigkeit des Gewässers, insbesondere hinsichtlich der Wanderung bzw. Ausbrei-tung von Flora und Fauna. Dies insbesondere, da die Werse in Dren-steinfurt nur am Rande der Innenstadt verläuft und zumindest entlang des nördlichen Ufers Raum für Veränderung gegeben wäre.
Die Systematik der Wasserrahmenrichtlinie und der sog. Blauen Richtlinie sieht dabei immer die Prüfung von der der „Erreichung des größtmöglichen ökologischen Potentials“ (vollständiger Verzicht auf technische Einbauten) abwärts vor. Somit wird auch klar, weshalb im aktuellen Planungsprozess zunächst alle denkbar möglichen Varian-ten durchdacht und geprüft werden müssen.
„Wir stehen aktuell nach wie vor am Anfang eines langen Arbeitspro-zesses. Erst mit der Finalisierung der Machbarkeitsstudien und der Einholung weiterer Gutachten wird sich bewerten lassen, welche Möglichkeiten des Umbaus der Werse hier überhaupt rein technisch umsetzbar sind. Aber: ein solcher Prozess birgt unter Umständen auch eine große Chance, die Ökologie, den Hochwasserschutz der Unterlieger und vielleicht am Ende auch das Stadtbild nachhaltig zu verbessern. Wie für alle Gewässerumbaumaßnahmen im urbanen Bereich gilt es hier jedoch auch, den Hochwasserschutz für Dren-steinfurt und insbesondere den Gebäudeschutz als eine der höchsten Ziele voranzustellen.“, fasst Bürgermeister Carsten Grawunder den aktuellen Planungsstand zusammen.
Bislang ist daher auch völlig offen, ob es am Ende des Prozesses zu einem Entfernen des Wehrs, einem Umbau des Wehrs, der Anlage von Umgehungsgerinnen oder dem Bau technischer Fischwanderhil-fen kommen wird.
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